Wintereinbruch in Athen

Im europäische Süden ist der Klimawandel schon extremer als bei uns. Das stellt viele Bäume auf die Probe.

Nach den Waldbränden im August 2021 und den Regenfluten nur einige Wochen danach wird Griechenland auch im Januar 2022 wieder von ungewohnten Extremwetterereignissen überrollt. Hier ein Erfahrungsbericht von Matthias:

Fast jeden Winter fällt auch in Athen eine winzige Menge Schnee vom Himmel. Oft ist er innerhalb von wenigen Minuten auch schon wieder verschwunden. Doch 2022 ist schon das zweite Jahr in Folge, in dem innerhalb eines Tages auch in Athen eine gewaltige Menge Schnee vom Himmel fällt. Der 24. Januar 2022 bringt Athen einen der 10 schneereichsten Tage seit der Geschichte der Aufzeichnungen. Da die griechische Hauptstadt nicht auf solche Schneemassen eingestellt ist, liegt infolge solcher Wetterereignisse die halbe Stadt wie paralysiert still, bis zwei Tage später der Schnee geräumt oder geschmolzen ist. Vorsorglich wurde schon der 24. Januar zum Feiertag erklärt und als das Ausmaß am 25. deutlich wurde auch gleich noch der 26. Januar.

Nicht nur in den Parks kippten viele Bäume unter der ungewohnten Schneelast um

Aber auch für die Bäume der Stadt sind diese neuen winterlichen Extremereignisse eine große Herausforderung, denn ein Baum, der Zeit seines Lebens nie mit dem Gewicht hunderter Kilogramm oder (je Größe des Baumes) auch mehrere Tonnen an Schnee umgehen musste, bricht schnell unter dieser ungewohnten Last zusammen. Neben den Schneeereignissen sind auch die öfter einbrechenden Fröste ein zusätzlicher Faktor, durch den sich die lokale Flora neu aufstellen wird. Auch wenn es jahrelang fast keine nennenswerten Fröste gibt, dann reicht theoretisch eine Nacht mit mehreren Grad unter den Nullpunkt aus, um das jahrzehntelanges Wachstum zum Beispiel von Agaven oder Kakteen im wahrsten Sonne des Wortes über Nacht zu beenden, weil diese eingeführten Pflanzen keinen natürlichen Frostschutz haben.

Vor einem Jahr trug dieser Stadtbaum noch sehr leckere Oliven.
Viele Bestände an eingeführten subtropischen Pflanzen werden unter den kurzen Wintereinbrüchen leiden

Der Klimawandel wird die Pflanzenwelt dieser Region überraschenderweise nicht nur vor die Herausforderung stellen, sich besser an die immer heisseren Trockenphasen des Sommers anzupassen zu müssen, sondern sie muss sich auch gleichzeitig gegen häufigere und stärkere Wintereinbrüche stark machen. Nur eines ist klar: Den schon jetzt sowohl in Berlin als auch Athen dominierenden chinesischen Götterbäumen (Ailanthus altissima) scheint das alles überhaupt nichts auszumachen. Sie werden wohl als Gewinner aus all diesen Klimaveränderungen hervorgehen.




Nachtrag
Hier eine Zusammenstellung der Schäden an verschiedenen Bäumen, welche die kurzzeitige Schneelast nicht tragen konnten:

Der Großteil der Bäume fiel einfach entwurzelt um
Der zweithäufigste beobachtete Schaden war ein einfacher abbruch in Stammnähe
SCHÄDEN WIE SOLCHE BODENNAHEN RISSE LASSEN DEN BAUM ZWAR vorerst WEITERlebEN, ABER SIE VERHINDERN DAS WIEDERAUFRICHTEN UND bieten ANGRIFFSFLÄCHE FÜR PILZBEFALL
Matthias Fritsch ist Teil des Kernteams des Waldgartenpilot in Rehfelde. Aus beruflichen und privaten Gründen ist er immer wieder mit dem europäischen Fernbusnetz zwischen Berlin und Athen unterwegs & dokumentiert als Filmemacher regelmäßig Phänomene im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Als freier Künstler entwickelt er eigene Lösungen und Routinen für einen ressourcenschonenden Alltag. In Rehfelde initiierte er zB die Experimentiergärten und die Schattenbaumschule.